
EIERSCHALEN-PLASTIKEN
Das Ei als Symbol für die rotierenden Bewegungen und konvulsiven Kräfte rund um die Geburt wird
hier als Medium gewählt, um diese existenziellen Vorgänge in kreative Handlungen zu verwandeln.
In einer tiefen Meditation halte ich das Ei sanft, beobachte und fühle seine Form. Der Drang entsteht,
es zu zerbrechen - ein Akt des Aufbruchs, der mit Assoziationen von Schock, Heilung und Schmerz verbunden ist. Das Eigelb und Eiweiß dienen nicht nur als Malmaterial in der Eitempera, sondern auch
als Symbol für die innere Fülle des Lebens.
Für mich sind Eierschalen mehr als nur ein natürliches Material - sie sind das Medium, in dem ich mein therapeutisches Wissen als Chirophonetikerin universell ausdrucke. Ihre organische Form und die plastische Vielfalt jeder Schale faszinieren mich durch ihre Schönheit, Klarheit und Reinheit, die an edelstes Porzellan erinnert.
​
Die Eierschalen-Plastiken sind imposante Reflektionen des Lichtes. - Anne Kempmann
​
In meinem 38./39. Lebensjahr, einem entscheidenden Wendepunkt meines Lebens, wuchs in mir
das dringende Bedürfnis, meine tief empfundenen Emotionen rund um meine eigene Geburt in einem künstlerischen Prozess auszudrücken. Dabei kreisten meine Fragen um das Ins-Leben-Treten als Teil
des Universums und die kosmischen Zusammenhänge, die unser Dasein durchdringen.
Als Medium wähle ich das Ei - den Ursprung allen Lebens, die Zelle, die Keimzelle - nutze seine Symbolik, um die rotierenden Bewegungen, Kontraktionen und fließenden Prozesse vor, während und nach der Geburt bewusst in schöpferische Handlungen zu überführen.
Vertieft in meine Meditation, halte ich das Ei behutsam in meinen Händen - spüre, sehe, bewege und fühle es - bis der unwiderstehliche Impuls entsteht, es aufzubrechen. In diesem existenziellen Akt offenbaren sich gleichzeitig Assoziationen von Aufbruch, Erwachen, Schock, Trauma, Schmerz und Verletzlichkeit - und dennoch auch etwas Kostbares, das sich wie eine Perle in einer Auster zeigt:
die nährende Fülle von Eiklar und Dotter.
Für meinen malerischen Schaffensprozess vermische ich Eigelb und Leinöl nach der „Alchemie der Malerei" zu einem Medium, das ich Eitempera nenne. Das Eiweiß schlage ich mit dem Mixer so lange
auf, bis es schnittfest ist, und verwende es anschließend, um das fertige Kunstwerk zu fixieren.
Die leeren Eierschalen, die ich als dreidimensionale Plastiken in Szene setze, werden sorgfaltig gereinigt und von ihrer inneren Eihaut befreit - bereit, ihre eigene, stille Schönheit zu entfalten.
Kreativität ist für Anne, die Malerin, nicht nur ein Prozess des Erfindens, sondern primär einer des Übersetzens - des Übersetzens unsichtbarer Bewegung und innerer Wahrnehmung in Farbe und Form. Mit Ihren Bildern stellt sie Verbindung her zu einem Bereich des Nichtsichtbaren, das sich nicht mitteilen, wohl aber im Prozess des Gestaltens und Betrachtens, teilen lässt. - Heike Smets-Rödiger
